Jack's Camp/Makgadikgadi Pans/Kalahari - 693/44587km

15/12/2013 00:00

Wir sind früh auf den Beinen, da uns der Jetlag natürlich noch in den Knochen steckt. Dafür sind wir aber auch gut organisiert, haben alles richtig gepackt und nehmen noch unsere erstes südafrikanisches Frühstück zu uns:"You like some cooked breakfast, brother?".
Um halb neun sitzen wir im Taxi nach Lanseria, einem kleineren, aber internationalen Flughafen im Norden von Johannesburg, wo wir unsere Pilotin treffen. Wir gehen an den Schalter 'Unscheduled Flights' und erledigen die Ausreiseformalitäten; auch hier das gleiche Spiel - weil wir eigentlich drei freie Seiten im Pass bräuchten - den Beamten dazu zu bewegen, noch irgendeine Lücke auf den anderen Seiten zu finden. Wir haben seinen kooperativen Tag erwischt und ich kann mit weiterhin zwei freien Seiten aus Südafrika wieder ausreisen. Am Gate steht ein Golfcar bereit, das uns und unser Gepäck zum Helikopter bringt, der am anderen Ende des Flugfeldes geparkt ist. Wir laden das Gepäck ein und bekommen von Sybille eine kurze aber bestimmte Sicherheitseinweisung auf der Bell 407. Es handelt sich dabei um die S-Klasse der Passagierhubschrauber, für alle Aviations-Ignoranten; vier-blättriger Rotor, angetrieben von einer Turbine, bietet die Maschine neben Pilot und Co-Pilot weiteren vier Passagieren Platz und verfügt über ein großes Gepäckfach hinter den Sitzen, dass wir allerdings nicht benutzen müssen und den Heli gewichtsoptimal beladen: zwei Sitze für das Gepäck, Nici nimmt auf einem der freien Plätze im Fond Platz und ich bequeme mich vorne in die Kanzel. Kurzer Check, Turbine an, Headsets auf und Zulu-Sierra-Romeo-India-Bravo (ZS-RIB, unsere Kennung) meldet dem Tower "ready for lift off".
Ein fantastisches Gefühl als die Bell abhebt und über die Start- und Landebahn Kurs Nord-West auf Francistown in Botswana nimmt. Die Wolken von gestern sind verschwunden und wir fliegen durch den stahlblauen Himmel über die outskirts von Johannesburg. Unser erstes 'leg' ist mit knapp 600 Kilometern auch eines der längsten und die Flugzeit wird bei einer Geschwindigkeit von rund 250 km/h etwa zweieinhalb Stunden betragen. Wir fliegen in einer Höhe von 4500 feet (über Null), das entspricht etwa 300 Meter über Boden hier und gibt uns eine fantastische Aussicht auf alles, was da unter uns liegt oder passiert. Wir fliegen über die ersten Naturschutzgebiete (heißen hier 'Concessions', da viele an private Betreiber konzessioniert sind), sehen die ersten Lodges und Camps und wenig später auch die ersten Tiere, die Sybille mit geübten Auge entdeckt - uns macht das zugegebener Massen noch ein wenig Mühe...aber es gibt soviel zu sehen, dass die Zeit - im wahrsten Sinne des Wortes - wie im Flug vergeht und wir nach knapp zwei Stunden schon die Grenze zu Botswana überfliegen und wenig später in Francistown zur Immigration aufsetzen. Nici hat den ersten Teil des Fluges, na sagen wir mal 'medium' überstanden und ist ungewöhnlich wortkarg und auch ein wenig wackelig auf den Beinen - wenn sie die Lüftung gefunden hätte, wäre das vermutlich nicht passiert...
Die drittgrößte Stadt in Botswana hat sich einen neuen Flughafen spendiert, aber wir sind an diesem Sonntagmittag die einzigen Gäste, die - quer über das Flugfeld - bei den 'International Arrivals' einlaufen, um eine halbe Stunde später bei den 'Domestic Depatures' wieder herauszukommen. Leider ist die Tankanlage noch nicht mit umgezogen, und um ein bisschen JET A1 aufzunehmen, müssen wir vom neuen zum alten Terminal fliegen. Das nervt Sybille etwas, weil die Turbine der Bell immer 2 Minuten vor- und nachlaufen muss - in diesem Fall für einen Flug der gerade mal 1 Minute dauert...
Vollgetankt geht es jetzt in westlicher Richtung zu unserem ersten Safari-Camp, Jack's Camp, am Rande der Kalahari. Um genau zu sein, eigentlich am Rand der Makgahikgahi Pans - zwei riesigen Salzseen im Norden der Kalahari Wüste. Der Beginn der Kalahari kurz nach unserem Abflug aus Francistown ist deutlich am Wechsel von rotem zu jetzt weißem Grund auszumachen, auch wenn es sich ja nicht um eine reine Sandwüste handelt. Aber wir sind am Beginn der Regenzeit (Mitte Dezember, und dann vor allem Januar und Februar) und die Wüste lebt, zumindest ein wenig. Dann geht es im Tiefflug über die Saltpans - wir sind jetzt nur noch 15-20 Meter über Boden. Selbst Sybille, die das Vergnügen ja schon ein paarmal hatte, ist begeistert - wir sowieso. 15 Minuten später taucht bereits Jack's Camp in einer palmen-bewachsenden Oase am Rand der Saltpans vor uns auf. Wir drehen eine Runde über das Camp und Sybille sucht sich vor dem Hauptzelt ein geeignetes Fleckchen für den Vogel - der Anflug führt uns in geringer Höhe am "Pool-Zelt" vorbei und wirbelt die dort ruhenden Gäste fast ins kühle Nass. 'Travel in Style' - wie einer der äußerst freundlichen Camp-Angestellten uns treffend begrüßt.
Nachdem man uns das Gepäck abgeknöpfte hat, werden wir ohne großen Umwege in die zweitwichtigste Disziplin des Camp-Lebens eingewiesen: Nahrungsaufnahme. Zum Lunch gibt es einen sehr schmackhaften Feta-Salat und Beef, Käse und Früchte zum Dessert. Frisch gestärkt beziehen wir unsere Unterkunft - Tent 10. Eigentlich haben wir uns das genau so vorgestellt, aber es zu erleben, ist dann doch nochmal etwas anderes: in dem etwa 20 Quadratmeter großen Zelt steht in der Mitte ein Himmelbett, vorne rechts ein Sekretär, links und und hinter dem Bett zwei Holzkommoden - alles in dunklem lackierten Holz gehalten, passend zum Parkettboden, britischer Kolonialstil 'at its best'; die Regale voll mit liebevoll ausgewählten Devotionalien längst vergangener Grosswildjäger-Zeiten (ab Januar 2014 wird es in Botswana überhaupt keine Jagd mehr geben).  Hinter dem Bett geht es durch einen Vorhang zum en-Suite Bad; links die Dusche, rechts das WC (der "Thron" im gleichen Holz verkleidet) und passend dazu die Waschkommode - Armaturen und Dusche in Kupferrohr. Der hintere Ausgang führt auf einen Holzsteg, der zur Aussendusche führt. Genial.
Wie wir spätestens im dritten Camp realisieren werden, sind wir grundsätzlich in den best-gelegenen Zelten untergebracht - das verdanken wir den Löwenmutter-Qualitäten unserer Reiseleiterin, die bei dem jeweiligen Camp-Management wenig Zweifel aufkommen lässt, was sie sich für ihre Gäste vorstellt und "wünscht".
Zurück zum Tagesablauf: die Siesta beendet man umgebungsgerecht mit 'high tea' um halb fünf, dazu wird süßes und herzhaftes Gebäck gereicht. Und selbst-gemachte Limonade oder Eistee, für diejenigen, die vielleicht kein Heissgetränk zu sich nehmen möchten. Gegen fünf fährt unser Guide, Vundi, seine "Limosine" - wie er sie nennt - vor das Hauptzelt. Wir nehmen alle Platz im offenen Safari-Mobil, einem umgebauten Toyota Land Cruiser mit zwei Sitzreihen auf der Ladefläche und einem Hochsitz auf der Plane. Pünktlich zu unserer ersten Ausfahrt, oder korrekterweise 'Game-Drive', hat es zugezogen und es beginnt leicht zu regnen. Aber wir sind ja nicht aus Zucker und lehnen die Regenponchos, in die uns Vundi einpacken will, freundlich ab. Zehn Minuten später ist Nici die erste, die einknickt und wenig später sitzen wir alle drei in irgendeiner Form in einen Poncho eingepackt im Land Cruiser und der botswanische Himmel ergießt sich in Strömen über uns, das auch bald die Fahrzeugplane an einigen Stellen den Kampf gegen die anprasselnden Tropfen verliert. Tiere? Hm, zwei Squirrels, die sich verständlicherweise auch gerade in Sicherheit bringen wollen und zwei Schildkröten, die gerade bei solchem Wetter ihr Versteck verlassen. Ach ja, und die hier typischen Helikopter-Birds (sind Senkrechtstarter und produzieren in der Tat ein Heli-ähnliches Geräusch), die unter diesen erschwerten Bedingungen reihenweise Bruchlandungen produzieren. Unser Guide lässt sich durch das alles nicht sonderlich beeindrucken und hält tapfer an seiner Route fest, die uns von dem dunkelblauen Bereich, in dem wir uns jetzt befinden, in den schwarzen befördern soll. Erst eine beherzte Intervention von Sybille bringt ihn schließlich dazu, den Wagen zu wenden und eine Alternativroute zu suchen, die uns eher aus dem Unwetter heraus- als hineinführt.
Wir fahren ins Auge des Sturms. Das regnet es nicht und von allen Seiten umzingelt uns das Unwetter mit Blitzen vor dunkelblauen bis schwarzem Hintergrund. Unglaublich. In der Ferne erblicken etwas größeres - vielleicht das erste Tier über Knöchelhöhe? Wir greifen zum Fernglas: ein Tisch mit vier Stühlen und einer gutsortierten Bar, wie auf der Bourbon Street? Richtig, es ist Zeit für den Sundowner unter afrikanischem Himmel. Wie sich herausstellt, sind wir alle G&T-Typen (für alle Antialkoholiker, G&T=Gin Tonic). Nach einem kurzen Spaziergang bis zum nächsten Termitenhügel, breitet Vundi eine Karte von Botswana auf dem Boden aus und gibt uns mal ein bisschen Kontext für die nächsten Tage. Für das 'big picture' beginnen wir beim Urkontinent und den darauffolgenden Aktivitäten der Tektonik, die - nachdem sie alle anderen nutzlosen Kontinente losgeworden war - die afrikanische Platte quer bzw. einmal durch den Kontinent so angehoben hat, dass die gegen Süden fließenden Flüsse entweder umgeleitet wurden oder eben im Inland versickerten: Geburtsstunde des Okawango-Deltas. Das liegt nord-östlich von unseren Saltpans und ist Ausgangspunkt der jährlichen Zebra-Migration, die in der Regenzeit in einem 600 km-Radius eben auch durch unseren Teil führt. Mehr dazu später.
Es ist inzwischen fast dunkel und wir brechen Richtung Camp auf. Dort gibt es erstmal noch einen Begrüssungsdrink. Wir bleiben bei GT. Dann nehmen alle an der großen Tafel in der Mitte des Zeltes Platz - dinner to be served. Außer uns sind das eine Amerikanerin, eine Kanadierin, alle unser Guides und Teile des Camp-Managements. Bisher war ja alles schon super - aber die Qualität des Nachessens übertrifft dann doch unsere Erwartungen noch einmal: Butternut soup, gefolgt von einem Filet auf Gemüsebeet und einer Tarte zum Dessert; dazu ein weißer und ein roter südafrikanischer Wein. Am dritten Tag darf ich noch einen Blick hinter die Kulissen werfen und Stewart, Chefkoch und Teil des Camp-Managment, zeigt mir das Küchenzelt... Mit dieser Zusatzinfo ist es fast unglaublich auf welchem gleichbleibend hervorragenden Niveau wir dies drei Tage versorgt werden.
Nach dem Essen bleibt die Tafel noch für etwa 2 Stunden beisammen und täuscht Erfahrungsberichte über die Ausflüge in die Wüste oder auch andere Geschichten aus. Die Amerikanerin kommt aus Durango - da waren wir vor etwa 8 Wochen; die Welt ist klein. Gegen halb elf wird jeder Gast von seinem Guide zum jeweiligen Zelt geleitet - das Camp ist nicht eingezäunt und da hier zum Teil Elefanten und Löwen durch die Oase streichen, hat man sich für diese Sicherheitsmaßnahme entschieden. Sybille darf als Safari-Profi alleine laufen. Ein ereignisreicher Tag geht in unserem mit Öllampen beleuchteten Zelt zu Ende. Wir müssen jetzt schlafen. Weckzeit morgen früh ist 5.30 Uhr.